von Aktion Deutschland Hilft/ADRA
Über 80 Prozent der Bevölkerung Äthiopiens leben von Landwirtschaft und Viehzucht. Doch lange Trockenperioden und Überschwemmungen zerstören regelmäßig die Ernte-und Weideflächen der Bauern und Hirten. Mangelhaftes Wassermanagement und die notgedrungene Überweidung lassen zudem die Wüstenbildung im Land rasant voranschreiten.
Dürre und Heuschreckenplage in Äthiopien
Neben der Dürre bedroht seit Monaten eine Heuschreckenplage Ostafrika. Alexandra Michel-Döbler, Programmkoordinatorin Somalia und Kenia bei ADRA, berichtet in einem Interview über das Ausmaß und mögliche Maßnahmen gegen diesen Insektenbefall.
Rund 8,4 Millionen Kinder, Frauen und Männer sind heute auf humanitäre Hilfe angewiesen. Große Teile der Bevölkerung haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser – weder für sich, noch für ihre Felder oder Tiere. Vor allem die Menschen im Norden Äthiopiens sind gezwungen, zum Teil große Strecken zurückzulegen, um neues Weideland zu finden.
Hilfsprojekt von ADRA: Mit Wasserzugang die Ernte sichern
Seit über vier Jahren ist die Bündnisorganisation ADRA in der nördlichen Afar-Region des Landes aktiv. Helfer haben es sich zum Ziel gesetzt, gemeinsam mit der Bevölkerung Landwirtschaft und Viehzucht mit neuen Methoden zu verbessern, um Standards der Ernährungssicherheit dauerhaft umzusetzen.
Um dieses Ziel erreichen zu können, mussten sie jedoch vorab den Zugang zu einer gesicherten Wasserversorgung schaffen. Oft kommt es bei Hilfsprojekten vor, dass, um bestimmte Standards zu erreichen, zunächst andere gesichert werden müssen, da sie sich gegenseitig bedingen. So auch in der Afar-Region.
Trinkwasser für mehr als 700 Familien
Erst mit dem Bau von Brunnen und Trinkwasserleitungen und der zeitgleichen Einführung von klimaangepasster landwirtschaftlicher Anbaumethoden, konnte die Landwirtschaft der betroffenen Bevölkerung verbessert und die Erträge erhöht werden.
Rund 300 Haushalten wurde ein Zugang zu Wasser ermöglicht, über 700 Häuser wurden mit Trinkwasserleitungen versorgt. Durch den Umstieg auf trockenresistente Pflanzen konnten neue Anbauflächen geschaffen werden.
ADRA investiert in Gesundheit der Nutztiere
Während der Dürreperioden sterben viele Tiere, die Lebensgrundlage der Familien sind. Jedes verendete Tier reißt eine Lücke in die Haushaltskasse. Die Nutztiere sind unglaublich wichtig für die Menschen, gleichzeitig fehlt es aber an Tierärzten, Impfungen und Medikamenten.
Deshalb investiert ADRA auch in die Gesundheit der Tiere. Mithilfe von Tierärzten und -pflegern wurden Impfungen für Rinder, Kamele, Schafe und Ziegen durchgeführt. Zusätzlich sind sieben Pflegezentren für Tiere und eine Tierklinik aufgebaut worden.
Jede der Gemeinden verfügt dank der Unterstützung der Helfer über Tierpfleger und medizinische Geräte. Insgesamt sind in den sieben Dörfern 27 Tierpfleger im Einsatz.
Um die Ernährungssicherheit weiter zu steigern und die verwundbarsten Mitglieder der Gesellschaft zu unterstützen, wurden für 142 extrem bedürftige Viehhirten jeweils eine Herde, bestehend aus zehn Ziegen, angeschafft.
Schulungen in effizienter Tierhaltung
Zusätzlich erhielten die Betroffenen eine Fortbildung über effiziente Tierhaltung. Zu den Begünstigten gehört Fatuma aus dem Dorf Lekuma. Sie ist Witwe und kümmert sich liebevoll um ihre drei Kinder. Dank der Ziegen kann sie sich nun selbst um ihre Familie kümmern. "Ich möchte ein Vorbild für andere Viehbauern sein, indem ich auf eigenen Beinen stehen kann", sagt sie. Auch Sheik Teyib Mehamed ist über die neuen Lebensbedingungen erfreut.
"Wir nutzen die geernteten Pflanzen, um unsere Familien zu ernähren. Einige von uns können den Überschuss verkaufen, um den Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen. Unsere Kinder sind darüber so glücklich", erzählt die Mutter.
Interview mit Alexandra Michel-Döbler von ADRA
Als wären Dürre und Wassermangel nicht genug, müssen sich die Bauern in Äthiopien nun auch gegen eine Heuschreckenplage wehren. Wieder sind ihre Ernten und damit ihre Lebensgrundlage gefährdet.
Alexandra Michel-Döbler, Programmkoordinatorin für Somalia und Kenia bei ADRA Deutschland, spricht über eine drohende Hungerkatastrophe in Ostafrika.
Äthiopien, Somalia und Kenia leiden aktuell unter dem zerstörerischen Befall der Wüstenheuschrecke. Ganze Ernten werden dadurch vernichtet. Können die Menschen die Verluste aus eigener Kraft auffangen?
Alexandra Michel-Döbler: Es wird diesmal sehr schwer. Durch die Dürre und die Überflutungen in den letzten Jahren sind die Menschen in den ohnehin sehr trockenen Gebieten am Rande dessen, was sie ertragen können. Im April steht eigentlich die nächste Ernte an, doch die Heuschrecken vernichten jetzt schon die nächsten Erträge. Spätestens dann droht eine große Hungerkatastrophe in den Gebieten.
Der Heuschreckenschwarm, der über Ostafrika herfällt, hat die Größe des Saarlands. Gibt es dagegen überhaupt ein Mittel?
Wir versuchen, ohne chemische Insektizide auszukommen, denn Insektizide dringen in die Erde ein und beschädigen den Boden. Auf diesem Boden wachsen dann wiederum Pflanzen, deren Früchte Giftstoffe enthalten und die Menschen nehmen diese zu sich.
Dazu kommt, dass bei der Ausbringung der Insektizide die Menschen dieses Gift ja auch einatmen. Das hat gesundheitliche Auswirkungen auf lange Zeit.
Wir arbeiten in unseren Projekten intensiv daran, dass ökologische Landwirtschaft betrieben wird. Für die Gesundheit der Bauern und Konsumenten, aber auch für den Boden. Wie der Boden bewirtschaftet wird, hat natürlich Auswirkungen darauf, was auf dem Boden wächst.
Die Gegend ist von einer fortschreitenden Wüstenbildung bedroht. Wir wollen den Boden rehabilitieren und die Verwendung von chemischen Insektiziden widerspricht dem.
Die nächste Ernte steht in Ostafrika schon fast vor der Tür, im April soll es soweit sein. Andererseits schlüpfen jetzt schon die Nachkommen der Wüstenheuschrecken. Ist die nächste Ernte auch schon bedroht?
Ja. Die Heuschrecken warten nicht, bis der Mais reif für die Ernte ist. Und es wird noch schlimmer. Unter günstigen Bedingungen produziert eine weibliche Wüstenheuschrecke 16 bis 20 Nachkommen. Das Problem wird also noch potenziert.
Es ist eine Jahrhundertplage, unter der Kenia, Somalia, Äthiopien und weitere Länder leiden. Das heißt, es gibt keine Erfahrungswerte und wir können keinen Masterplan aus der Schublade ziehen und alles wird gut.
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