von Rahel Klein
Das Land hat 500.000 Flüchtlinge aufgenommen – verheerende Dürre
Eine Krise, die sich über mehrere Jahrzehnte lang hinzieht, gerät irgendwann aus dem Fokus der Öffentlichkeit. Doch in Ostafrika spielt sich eine der größten Flüchtlingskrisen unserer Zeit ab. Millionen Menschen fliehen vor Hunger, Krieg und Terror. Seit einem Vierteljahrhundert stellt Kenia sich der Herausforderung und nimmt viele von ihnen auf. Eine extreme Dürre erschwert die Situation derzeit zusätzlich.
„Heimat“ – für Brownkey Abdullahi ist der Begriff schwierig zu definieren. „Nationalität“ – noch so ein schwieriger Begriff. „Flüchtling“ – das steht im Pass der 24-Jährigen. „Ich bezeichne mich als ‚Dadaaberin‘, weil ich nirgendwo zugehöre“, sagt Brownkey. „Ich bin keine Somalierin und auch keine Kenianerin“. Brownkey lebt in Dadaab, dem größten Flüchtlingslager der Welt, ganz im Osten Kenias, an der Grenze zu Somalia. Hier wurde sie geboren, hier ist sie aufgewachsen. Somalia – das ist das Land, aus dem ihre Eltern kamen, als sie 1991 vor dem Krieg flohen und im Nachbarland Schutz suchten.
Unterstützung sinkt
Vor 25 Jahren wurde das Camp von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen. Ausgerichtet war es für rund 90.000 Menschen. Doch in den Hochzeiten lebte fast eine halbe Millionen Menschen in dem Riesen-Camp, mittlerweile sind es noch gut 270.000. Die kenianische Regierung will Dadaab eigentlich schließen und die Flüchtlinge zurück nach Somalia schicken – doch internationale Verträge erlauben das nicht einfach. Die jahrzehntelange Krise und die Schließungsbemühungen haben dafür gesorgt, dass die internationale Unterstützung für die Campbewohner zurückgeht. Lebensmittel werden rationiert, Geschäfte geschlossen. Die Bewohner sind verzweifelt, sie fühlen sich vergessen.
Brownkey versucht, gegen dieses Gefühl anzukämpfen. Vor ein paar Jahren hat sie ihren eigenen Blog gestartet und setzt sich auf ihrer Website und in den sozialen Medien für Frauenrechte ein. Außerdem arbeitet sie im Camp für CARE. Von ihrem Gehalt kann sie die Kosten für die Internetnutzung zahlen und ihre Familie unterstützen.
Hilfe für Menschen in den Camps
Hilfsorganisationen wie CARE oder World Vision tragen mit ihrer Arbeit dazu bei, das Leben der Campbewohner zu erleichtern. Sie versorgen sie mit Essen und Trinken, betreiben Schulen, in denen Kinder und Jugendliche lernen können. Doch die Finanzierung wird nicht nur in Dadaab immer schwieriger, auch Kakuma, das zweitgrößte Lager des Landes, hat zunehmend Finanzierungsschwierigkeiten.
„Es gibt eine große Finanzierungslücke, die wichtigsten Hilfswerke mussten ihre Mittel vor Kurzem einschränken“, sagt Victor Mwanyalo, Projektmanager bei World Vision. „Deshalb mussten wir die Lebensmittelrationen seit Dezember 2016 um die Hälfte kürzen."
Kakuma liegt im trockenen, heißen Norden Kenias. Der Südsudan ist keine 100 Kilometer entfernt. Auch Kakuma gibt es seit einem Vierteljahrhundert. Hier suchen aktuell 155.000 Menschen Zuflucht vor Hunger und Krieg, vor allem aus dem Sudan und Südsudan.
Die Hoffnung: eine gute Ausbildung
„Ich bin einfach den anderen gefolgt“, sagt Kamuka Ismali Ali mit brüchiger Stimme, als sie von dem Tag erzählt, an dem sie floh. Es war 2013, als sie ihre Heimat Koda im Norden des Südsudan verließ. Der Bürgerkrieg erreichte plötzlich ihr Dorf, sie hatte keine Zeit, sich von ihrer Familie zu verabschieden oder nach ihnen zu sehen. „Meine Eltern wissen nicht, dass ich nach Kenia geflohen bin“, sagt die 20-Jährige. „Und ich weiß nicht, wo sie sind, ob sie auch geflohen sind und ob sie noch leben.“
In Kakuma ist die 20-Jährige jetzt sicher, andere Flüchtlinge sind so etwas wie ihre zweite Familie geworden. Kamuka Ismali Ali geht in die Refugee Secondary School, die auch von World Vision unterstützt wird. Die Schule ist ihr Lichtblick, ihre Hoffnung. „Mein Lieblingsfach ist Biologie“, sagt Kamuka Ismali Ali. „Wer in Biologie gut ist, kann später vielleicht Krankenschwester werden“, sagt sie, während sie an ihrem Tisch im Klassenzimmer sitzt. „Vielleicht wird irgendwann wieder Frieden sein. Dann kann ich zurück und meiner Familie und den anderen dort helfen.“ Der Bürgerkrieg im Südsudan hat Afrikas größte Flüchtlingskrise ausgelöst, nach Syrien und Afghanistan ist diese Krise die drittgrößte der Welt. Allein in den vergangenen drei Jahren flohen 1,5 Millionen Menschen in die Nachbarländer.
Hungersnot bedroht Millionen Menschen
Kenia bietet vielen von ihnen Schutz, steht aber selbst vor großen Herausforderungen. 15 Millionen Menschen droht am Horn von Afrika wegen der anhaltenden Dürre aktuell der Hungertod. Wegen des Wetterphänomens El Niño sind die Dürreperioden besonders extrem, vor allem in Kenia, Somalia und Äthiopien. Kenia hat in vielen Teilen des Landes den Katastrophenzustand ausgerufen, allein hier sind 2,7 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen. Hunger, Dürre, Krieg und Terror: Ein Rückgang der Flüchtlingszahlen ist auch in naher Zukunft nicht abzusehen. Jeden Tag erreichen weitere Menschen das ostafrikanische Land, suchen Zuflucht in Dadaab oder Kakuma. In den Camps sind sie zumindest sicher. Trotzdem wird jeder Tag eine Herausforderung bleiben.
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