von Aktion Deutschland Hilft
Im Dezember 2000 wurde der 20. Juni von der UN-Vollversammlung zum internationalen Gedenktag für Geflüchtete erklärt. Der Tag ist den Binnenvertriebenen, Asylsuchenden, Geflüchteten und Staatenlosen auf der ganzen Welt gewidmet: also allen Menschen, die vor Krieg, Verfolgung, Terror oder Naturkatastrophen fliehen mussten.
Weltflüchtlingstag: Zahlen und Fakten
Weltweit sind 108,4 Millionen Menschen auf der Flucht. Davon sind:
- 35,3 Millionen Geflüchtete*
- 62,5 Millionen Binnenvertriebene
- 5,4 Millionen Asylsuchende
- 5,2 Millionen Menschen, die internationalen Schutz brauchen
* darunter 5,9 Mio. Menschen aus Palästina
11 Dinge, die Sie zum Weltflüchtlingstag wissen sollten
Mehr als 87 Prozent aller Menschen, die Ende 2022 auf der Flucht waren, stammten aus gerade einmal zehn Ländern. Die meisten Menschen auf der Flucht sind Binnenvertriebene, also Geflüchtete innerhalb ihres Heimatlandes. Weltweit betrifft das 62,5 Millionen Menschen.
Die mit Abstand meisten fliehen aus Syrien, jenem Land, das seit 2011 von Krieg und Kämpfen betroffen ist. Mehr als 6,5 Millionen Menschen sind aus Syrien in insgesamt 131 andere Länder geflohen.
Aus der Ukraine waren Ende des vergangenen Jahres knapp 5,7 Millionen Menschen auf der Flucht, aus Afghanistan waren es ebenfalls fast 5,7 Millionen.
Aus Venezuela zählen die Vereinten Nationen knapp 5,5 Millionen Geflüchtete, die meisten von ihnen haben in Lateinamerika und der Karibik Zuflucht gefunden. Das Land steckt in einer tiefen wirtschaftlichen Krise, allein zwischen 2014 und 2020 büßte das Land ungefähr 80 Prozent des Bruttoinlandproduktes ein.
Hinzu kommen politische Verfolgungen und Repressionen der Bevölkerung durch den Sicherheitsapparat. 80 Prozent der Menschen gelten als arm, ungefähr ein Viertel der Bevölkerung ist aus dem Land geflohen.
Ende 2022 waren 108,4 Millionen Menschen auf der Flucht. Zum Vergleich: Ende 2021 waren es 82,4 Millionen. Vor allem wegen des Krieges in der Ukraine hat sich die Zahl vergrößert. Ebenso trägt der Klimawandel seinen Teil bei – und die Lage in Afghanistan und Myanmar. Es gibt aktuell 33 Konflikte auf der Welt, unter anderem im Jemen, in Syrien, in Venezuela und in der Demokratischen Republik Kongo. Und auch die Fluchtbewegung aus Mittel- und Südamerika Richtung Norden hat in den vergangenen Jahren massiv zugenommen.
Im Sudan sind Mitte April 2023 schwere Kämpfe zwischen dem Militär und der paramilitärischen Gruppierung Rapid Support Forces (RSF) ausgebrochen. Die ohnehin schon angespannte humanitäre Lage spitzt sich zu, Menschen sterben und werden verletzt.
Viele fliehen vor den Kämpfen, vor allem in die Nachbarländer Südsudan, Äthiopien, Ägypten, Tschad und die Zentralafrikanische Republik. Die meisten Sudanes:innen fliehen innerhalb des Landes: Mehr als 1,6 Millionen Menschen sind bislang innerhalb des Sudans vertrieben worden.
Vor dem Konflikt war der Sudan selbst ein Zufluchtsland. Nun kehren viele der Geflüchteten in ihre Herkunftsländer zurück. Im Südsudan kamen bis Mitte Juni rund 8.000 Geflüchtete an, die nicht ursprünglich aus dem Südsudan stammen. Mehr als 105.500 Menschen, die im Südsudan ankamen, waren Rückkehrer:innen, also Menschen, die einst selbst in den Sudan geflohen waren.
Insgesamt mehr als 340.000 Sudanes:innen sind aus ihrem Heimatland geflohen, die meisten von ihnen nach Ägypten (knapp 210.000 ankommende sudanesische Geflüchtete) und nach Tschad (fast 116.000 ankommende sudanesische Geflüchtete).
Während des zweiten Bürgerkriegs im Südsudan in den 80er Jahren flohen etwa 20.000 Kinder aus ihrer Heimat – allein, ohne ihre Familien. Viele waren verwaist oder wurden während der Kämpfe von ihren Eltern getrennt. Vor allem die minderjährigen Jungen wurden nicht selten als Soldaten für die Rebellenarmee eingesetzt. Später werden sie als Lost Boys of Sudan bezeichnet.
Die meisten der 20.000 fliehenden Kinder waren Jungen zwischen sieben und 17 Jahren. In Gruppen waren sie manchmal Wochen, manchmal Jahre bis zum nächsten Geflüchtetencamp unterwegs, ohne Nahrung, ohne Besitz und ohne genaue Kenntnis, in welche Richtung sie am besten gehen sollten. Sie durchquerten Kriegsgebiete, waren Angriffen von wilden Tieren ausgesetzt und außerdem der sengenden Hitze.
Die meisten kamen in Äthiopien an und lebten dort bis zum Krieg 1991 in einem Camp. Die Kinder und jungen Erwachsenen flohen erneut; viele kamen im Geflüchtetencamp Kakuma in Kenia unter – heute einem der größten Camps weltweit.
Die Menschen leben dort wie in einer eigenen Stadt, allerdings ohne fließendes Wasser und ohne Elektrizität. Die Angaben, wie viele Geflüchtete dort untergebracht sind, variieren je nach Quelle zwischen 100.000 und 200.000 Menschen.
Einige der Lost Boys wurden später wieder mit ihren Familien zusammengebracht, anderen wurde die Umsiedlung in die Vereinigten Staaten angeboten. Frieden in ihrer Heimat, dem von Krieg und Konflikten geprägten Staat Südsudan, finden sie nicht.
Ende 2022 waren 62,5 Millionen Menschen innerhalb des eigenen Landes auf der Flucht, ein Großteil davon aufgrund von Konflikten und Gewalt. Die Zahl steigt seit Jahren kontinuierlich an: von 2021 auf 2022 um fast 15 Millionen. Das liegt unter anderem am Krieg in der Ukraine und der Flut in Pakistan.
Konfliktlösungen, weniger Katastrophenrisiko, Klimaresilienz, Ernährungssicherheit und weniger Armut können den Menschen dabei helfen, in ihre Heimat zurückzukehren.
Mehr als 71.000 Menschen haben in diesem Jahr (Stand: 15.6.2023) eine der gefährlichsten Fluchtrouten der Welt auf sich genommen: über das Mittelmeer nach Spanien, Griechenland, Italien, Zypern und Malta. Mehr als 1.000 Menschen sind auf dem gefährlichen Weg gestorben oder werden vermisst.
Im vergangenen Jahr waren es mehr als 159.000 Menschen, von denen mehr als 2.400 weiterhin werden vermisst werden. Die meisten Menschen kamen seit Januar 2021 aus Tunesien über die Mittelmeerroute nach Europa, gefolgt von Ägypten, Bangladesch und Syrien.
Starkregen, Dürreperioden, Hitzewellen und steigende Meeresspiegel: Der Klimawandel ist inzwischen überall auf der Welt sicht- und spürbar. Ausgerechnet die Länder, die bislang kaum Treibhausgase ausgestoßen haben und damit am wenigsten zum Klimawandel beitragen, leiden unter den Auswirkungen – die Länder des sogenannten Globalen Südens.
"Hätten wir schon vor einem halben Jahrhundert gehandelt, dann ständen wir heute nicht da, wo wir heute stehen", sagt Klimaforscher Prof. Dr. Mojib Latif. "Aber wir müssen jetzt weitermachen, denn die Umwelt ist das wichtigste, das wir haben!" Er meint damit besonders die Industrieländer, die aktiv werden müssen – denn diese Länder haben den größten Anteil an den CO2-Emissionen.
Mehr als 100 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Einige davon seien Klimageflüchtete, sagt Latif, messbar sei das aber nicht. Im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gibt es keine Klima- oder Umweltflüchtlinge. Schätzungen zufolge könnte Klimawandel bis zum Jahr 2050 ungefähr 200 Millionen Menschen dazu zwingen, ihr Zuhause zu verlassen.
Doch wie die Realität aussehen wird, ist nicht eindeutig vorherzusagen. Benjamin Schraven ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Deutschen Institut für Entwicklungspolitik und er sagt: Gerade die Ärmsten, die sehr stark vom Klimawandel betroffen sind, können es sich oft nicht leisten, ihre Heimat zu verlassen und Zuflucht in einem anderen Land zu suchen.
Und: Krieg und Gewalt sind nach wie vor Hauptgründe für Flucht. Ob die globale Erwärmung und deren Auswirkungen also der Grund für die Flucht war oder nur ein Aspekt von vielen, ist kaum sicher feststellbar.
Also: Der Klimawandel ist für Menschen ein Fluchtgrund – schon heute. Wichtig ist, das Klima zu schützen, um die Erde zu retten. Und Menschen, die in Not geraten sind, zu helfen und eine Zuflucht zu bieten.
In vielen Teilen der Welt werden LGBTIQ+-Personen diskriminiert. Einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen sind in vielen Ländern nach wie vor strafbar. Verfolgung und Diskriminierung sind für LGBTIQ+-Personen oft Gründe, ihre Heimat zu verlassen.
LGBTIQ+-Personen gibt es in allen Kulturen und Gesellschaften. Eine Sensibilisierung der Helfer:innen ist daher wichtig: um von Diskriminierung betroffene Menschen zu schützen und eine Vertrauensbasis aufzubauen.
Auch in der Unterkunft für Geflüchtete müssen Schutz und Sicherheit sichergestellt sein. Genau wie angepasste und spezielle Gesprächsangebote auf Augenhöhe und sichere Räume, in denen sich die Menschen austauschen können.
Unser Bündnis war im vergangenen Jahr in 92 Ländern mit 617 Hilfsprojekten aktiv – auf der ganzen Welt. Viele dieser Projekte richten sich an geflüchtete Menschen: In mehr als 40 Ländern sind unsere Bündnisorganisationen in fast 140 Projekten für Geflüchtete aktiv.
Zum Beispiel in Syrien. Das ohnehin schon vom Krieg betroffene Land wurde im Februar 2023 von schweren Erdbeben getroffen, viele Menschen haben erneut ihr Zuhause verloren.
Auch der Krieg in der Ukraine prägte das vergangene Jahr: Ein Drittel der Bevölkerung des Landes ist vertrieben. Mehr als 20 unserer Bündnisorganisationen sind in der Ukraine und den Zufluchtsländern aktiv und unterstützen die Menschen auf allen Stationen der Flucht.
Auch in Ländern und Regionen, die weniger im Fokus der Öffentlichkeit stehen, sind wir aktiv und helfen. Zum Beispiel im Jemen, wo seit Jahren eine der schlimmsten Hungerkatastrophen der ganzen Welt herrscht. Oder in der Demokratischen Republik Kongo, wo mehr als 13 Millionen Menschen von Gewalt und Flucht betroffen sind – und wo im Mai 2023 eine schwere Flut erneut Tausende dazu zwang, alles hinter sich zu lassen.
Oder im Südsudan, wo Millionen Menschen am Rande einer Hungersnot stehen. Und in Bangladesch, wo mehr als eine Million Menschen im größten Geflüchtetencamp der Welt ausharrt und weder genug Platz noch genug sauberes Wasser und Essen hat.
Seit mehr als fünf Jahren lebt ein Großteil von ihnen im größten Flüchtlingscamp der Erde: die Rohingya. Im Süden von Bangladesch nahe der Stadt Ort Cox’s Bazar leben mehr als eine Million Menschen unter prekären Bedingungen, eingezäunt, bewacht und von vielen vergessen. Die Menschen dürfen das Camp nicht ohne Erlaubnis verlassen, und niemand darf unerlaubt hinein.
Das Volk lebte im heutigen Rakhine-Staat in Myanmar. Dort sind sie als muslimische Minderheit im buddhistischen Myanmar nicht als eigene Bevölkerungsgruppe anerkannt, haben keine Staatsbürgerschaft und verfügen deshalb über keine Rechte. Unter anderem wegen ihres Glaubens und ihrer nicht vollständig geklärten Herkunft sind sie seit Jahrzehnten von Diskriminierung betroffen.
Zu einer Eskalation des Konflikts innerhalb von Myanmar kam es im August 2017. Einen Angriff der selbst ernannten Rebellen-Armee der Rohingya auf verschiedene Kontrollposten in Myanmar nahm das Militär zum Anlass, eine Offensive gegen die gesamte Rohingya-Bevölkerung zu starten. Häuser und Dörfer brannten nieder, Menschen starben.
Als Reaktion auf die Gewalt flohen Hunderttausende Rohingya ins benachbarte Bangladesch. Dort leben sie seither im Geflüchtetencamp, oftmals ohne fließendes Wasser und ohne Perspektive.
Die Rohingya sind laut UN-Angaben die am meisten verfolgte Minderheit auf der ganzen Welt.
Ein sehr aktuelles Beispiel für Drittstaatengeflüchtete: Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind, aber nicht die ukrainische Staatsbürgerschaft haben.
Anders als andere ukrainischen Geflüchteten erhalten sie nicht sofort den Aufenthaltsstatus. Die Menschen haben keine Arbeitserlaubnis und können auch das Studium nicht schnell fortsetzen, selbst wenn sie vorher auch an einer Universität eingeschrieben waren – im Gegensatz zu ukrainischen Staatsbürger:innen.
Kurz gesagt: Obwohl alle vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind, ist der Empfang in Deutschland nicht gleich. Die Menschen werden anders behandelt. Für Drittstaatengeflüchtete ist oft lange unklar, wie und ob sie bleiben dürfen. Das bedeutet sehr viel Unsicherheit in einer ohnehin schon unsicheren Zeit kurz nach der Flucht aus dem eigenen Zuhause.
Was Drittstaatengeflüchteten neue Hoffnung und Perspektive geben kann, hören Sie in unserem Podcast.
Der Weltflüchtlingstag soll auf die Notsituation der Menschen aufmerksam machen. Jedes Jahr am 20. Juni finden weltweit Aktionen statt, um die Öffentlichkeit aufzurütteln. Außerdem sollen damit Mut, Tapferkeit, Stärke und Entschlossenheit jener Menschen gewürdigt werden, die ihre Heimat aufgrund von Verfolgung, Konflikt, Gewalt oder Naturkatastrophen verlassen mussten.
Flüchtlinge weltweit: Zahlen steigen seit Jahren kontinuierlich
2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | |
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Geflüchtete weltweit insgesamt | 65,6 Mio. | 68,5 Mio. | 70,8 Mio. | 79,5 Mio. | 82,4 Mio. | 89,3 Mio. | 108,4 Mio. |
Nach den verheerenden Erdbeben in Syrien und in der Türkei im Februar 2023 haben Zehntausende Menschen alles verloren. In Syrien, dem ohnehin schon vom Krieg schwer betroffenen Land, mussten viele Menschen erneut ihr Zuhause verlassen. Viel Zeit blieb nicht – oftmals sind es nur wenige Gegenstände, die die Betroffenen aus ihren Häusern retten konnten.
Bildergalerie von CARE: Was nehmen Geflüchtete mit?



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Kurz und kompakt: Zahlen zu Flüchtlingen weltweit
- Die Zahl der durch Krieg, Verfolgung, Gewalt und Menschenrechtsverletzungen vertriebenen Menschen hat Ende 2022 den Rekordwert von 108,4 Millionen erreicht – 19,1 Millionen mehr als im Vorjahr. Das war der größte Anstieg aller Zeiten.
- 43,3 Millionen der Geflüchteten sind Kinder.
- Der Krieg in der Ukraine war 2022 der Hauptgrund für die Vertreibung. Die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine stieg von 27.300 Ende 2021 auf 5,7 Millionen Ende 2022.
- Mehr als die Hälfte der Geflüchteten (52 Prozent) stammen aus gerade einmal drei Ländern: Syrien (6,5 Millionen), Ukraine (5,7 Millionen) und Afghanistan (5,7 Miliionen).
- 76 Prozent der Geflüchteten werden von Ländern aufgenommen, die an Krisengebiete grenzen und Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen sind.
- Die am wenigsten entwickelten Länder gewährten 20 Prozent aller Geflüchteten Asyl.
- Zwischen 2018 und 2022 sind ungefähr 1,9 Millionen Kinder als Geflüchtete auf die Welt gekommen.
Quelle: UNHCR (Stand: 06/2023)
Infografiken zur Situation von Geflüchteten weltweit







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