von Aktion Deutschland Hilft/AWO International
Anton Plaksun (Foto Mitte) ist Projektkoordinator bei unserer Bündnisorganisation AWO International und arbeitet seit 2023 im AWO-Länderbüro in Kyjiw. Natalia Gourjii (Foto r.) ist Vorstandsvorsitzende und Olena Barchuk (Foto l.) die stellvertretende Vorsitzende der gemeinnützigen Stiftung Rokada.
Die ukrainischen Partnerorganisation wurde 2003 gegründet und ist heute mit über 400 Mitarbeitenden in 18 Regionen in der Ukraine tätig. Im Interview sprechen Anton Plaksun, Natalia Gourjii und Olena Barchuk über die gemeinsame Arbeit der beiden Organisationen, was diese so besonders macht und warum Lokalisierung von Hilfe in der Ukraine wichtig ist.
Aktion Deutschland Hilft: Wie hat die Arbeit zwischen AWO International und Rokada angefangen?
Anton Plaksun: Die Zusammenarbeit begann 2023 mit einem Pilotprojekt in Schytomyr, im Westen der Ukraine. Ziel war die Unterstützung sozialer Einrichtungen – Altenheime, Kinderheime, neurologische Zentren. Wir führten gemeinsam Renovierungsarbeiten durch, stellten wichtige Ausrüstung zur Verfügung und boten psychologische Schulungen für die Mitarbeitenden dieser Einrichtungen an. Das einjährige Projekt wurde von Aktion Deutschland Hilft finanziert und 2024 erfolgreich abgeschlossen. Danach starteten wir zwei neue Projekte im Gebiet Mykolajiw. Mykolajiw im Süden ist nun das Haupttätigkeitsgebiet.
Wie kann man sich die gemeinsame Arbeit konkret vorstellen? Was passiert in Deutschland, was in der Ukraine?
Anton Plaksun: Wir arbeiten nach einer klaren Struktur: Rokada verfügt über regionale Niederlassungen, beispielsweise in den Oblasten Kyjiw und Mykolajiw, und jedes Projekt wird von der zuständigen lokalen Niederlassung unter der Aufsicht der Rokada-Zentrale und in Abstimmung mit dem Kyjiwer Büro von AWO International umgesetzt. Wir stehen in Kontakt mit den regionalen Mitarbeitenden sowie mit der Zentrale. Rokada entwickelt in der Regel die ersten Projektideen und Entwürfe.
Unsere Aufgabe ist es, sie bei der Ausarbeitung der Vorschläge zu unterstützen, diese mit den Anforderungen der Geldgeber abzustimmen und ihre Wirksamkeit zu verbessern. Unsere Kollegen:innen im AWO International-Büro in Berlin unterstützen uns dabei.
Sie identifizieren weitere Finanzierungsmöglichkeiten, kümmern sich um die Kommunikation mit Spender:innen und Geldgeber:innen. Die eigentliche Umsetzung der Projektmaßnahmen erfolgt dann durch Rokada mit unserer Unterstützung und in enger Zusammenarbeit.
Nataliya Gourjii: Bereits ab dem Antragsverfahren arbeiten wir sehr eng mit AWO International zusammen. Wir besprechen jedes Detail gemeinsam, einschließlich der strategischen Ausrichtung, die sowohl den Anforderungen der Geldgeber als auch unseren eigenen Erwartungen entsprechen muss.
Unser Ziel ist immer, das gemeinsame Hilfsprojekt so zu gestalten, dass es langfristig nachhaltig ist und einen echten Nutzen für die Regionen und für die Ukraine insgesamt hat. Wir recherchieren sorgfältig, damit wir Menschen in Not in unseren Projektregionen gezielt und wirksam unterstützen können.
Was macht das gemeinsame Engagement besonders?
Anton Plaksun: Ich würde sagen, dass es die langfristige Wirkung unserer Arbeit ist, die unser gemeinsames Engagement besonders macht. Wir verbinden kurzfristige Nothilfe mit langfristiger Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung. Dies wird auch Nexus-Ansatz genannt. Wir unterstützen Menschen nicht nur in akuten Krisensituationen, sondern bieten ihnen auch Perspektiven.
Es geht uns darum, die Ursachen von Krisen zu bekämpfen – etwa durch Bildung, stabile Lebensgrundlagen und den Aufbau von sozialen Institutionen – und die Menschen für die Zukunftskrisen resilient zu machen. In unseren Projektregionen begleiten wir deshalb dieselben Menschen über die akute Hilfe hinaus, für eine wirkungsvolle und nachhaltige Unterstützung.
Olena Barchuk: Dazu gehört auch die enge Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden, die von entscheidender Bedeutung ist – insbesondere da der Staat derzeit nicht in der Lage ist, groß angelegte Projekte zu unterstützen. Diese Art der synergetischen Zusammenarbeit ist für uns sehr wichtig und wertvoll.
Nataliya Gourjii: Dem kann ich nur zustimmen. Aus unserer Perspektive kann ich sagen, dass es sehr wenige andere Geldgeber gibt, die ein umfassendes und langfristiges Engagement in der Ukraine unterstützen. Deshalb schätzen wir diesen Ansatz und diese Vision von AWO International sehr. Und das ist nicht bloß höfliches Lob, es ist eine Tatsache.
Sie müssen wissen, dass fast alle unsere anderen Projekte eine Laufzeit von nur drei, sechs oder maximal neun Monaten haben. Mit AWO International können wir einen breiteren und tieferen Hilfsansatz verfolgen, der die langfristige Entwicklung der Gemeinden, und im weiteren Sinne der Ukraine, wirklich unterstützt.
Was bedeutet Lokalisierung im Kontext der Ukraine-Nothilfe?
Nataliya Gourjii: Für uns bedeutet Lokalisierung, dass die Bedürfnisse, die wir als lokale Organisation identifizieren, ernst genommen und von internationalen Gebern und Spender:innen unterstützt werden – anstatt dass uns Ideen aufgezwungen werden, die unserer Meinung nach im ukrainischen Kontext nicht funktionieren würden. Lokale Organisationen haben oft ein besseres Verständnis dafür, was vor Ort wirklich etwas bewirken und zu echten, positiven Ergebnissen führen kann.
Olena Barchuk: In der Ukraine gibt es viele starke und fähige Organisationen, die echte Veränderungen vorantreiben könnten. Allerdings werden sie oft entweder nicht von Gebern und internationalen Organisationen unterstützt oder einfach nicht gehört. Gleichzeitig sind viele internationale Organisationen in der Ukraine mit hohen Verwaltungskosten tätig – haben aber oft keinen Zugang zu den Regionen, in denen lokale Organisationen noch arbeiten können, insbesondere unter Sicherheitsbeschränkungen.

Deshalb ist es so wichtig, Vertrauen in lokale Organisationen zu setzen und in ihren Kapazitätsaufbau und ihre Entwicklung zu investieren. Lokalisierung ist sehr wichtig – sie ist unsere Zukunft.
AWO ist eine der wenigen Organisationen, die dies tatsächlich tut: Sie schenkt uns Aufmerksamkeit, unterstützt unsere Ausbildung und Entwicklung, hört auf unsere Vorschläge und entwickelt gemeinsam mit uns Projekte. Dieses Vertrauen ist entscheidend – denn lokale Organisationen sind oft am besten in der Lage, echte und nachhaltige Veränderungen herbeizuführen.
Anton Plaksun: Bei unseren gemeinsamen Projekten geht es nicht darum, möglichst viele Maßnahmen umzusetzen, sondern gezielt auf die realen Bedürfnisse der Menschen in den Gemeinden einzugehen. Deshalb ist es uns besonders wichtig, eng mit unserem lokalen Partner Rokada zusammenzuarbeiten. Ein zweiter wichtiger Punkt ist, dass wir eine gleichberechtigte Zusammenarbeit mit unserem lokalen Partner Rokada anstreben.
Wir von AWO International übernehmen dabei die Koordination der Projekte, während Rokada die konkreten Schritte vor Ort organisiert und umsetzt. Die Projektideen entstehen in enger Abstimmung – auf Augenhöhe und in echter Partnerschaft. Ihre Erfahrung und ihr Wissen über die lokale Situation sind für die Umsetzung im ukrainischen Kontext essenziell. Gerade dieser Ansatz – lokale Partner zu stärken und ihnen Verantwortung zu übergeben – ist ein zentraler Bestandteil der Lokalisierung von Hilfe.
+++ Spendenaufruf +++
Aktion Deutschland Hilft, Bündnis der Hilfsorganisationen,
bittet dringend um Spenden für die betroffenen Menschen aus der Ukraine.
Stichwort: Nothilfe Ukraine
IBAN DE62 3702 0500 0000 1020 30, BIC: BFSWDE33XXX
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