von Aktion Deutschland Hilft/LandsAid
Adel Hashem ist Geschäftsführer von Human Needs Development, einer lokalen Partnerorganisation von LandsAid im Jemen. Im Interview spricht er über die aktuelle Lage im Land, warum der Konflikt in der Öffentlichkeit immer weiter in den Hintergrund gerät und was das konkret für die Menschen bedeutet.

Aktion Deutschland Hilft: Sie sind mit Ihrer Organisation direkt vor Ort in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa und erleben die Situation aus nächster Nähe. Wie schätzen Sie die aktuelle Lage im Jemen ein?
Adel Hashem: Der Jemen wird mehr und mehr zu einer vergessenen Krise. Dabei ist die Lage nach wie vor dramatisch: Fast 19 Millionen Menschen sind von Hunger bedroht, vor allem Kinder. Die Kriege im Gazastreifen und in der Ukraine haben in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit und die Ressourcen der Weltöffentlichkeit vom Jemen abgezogen.
Das hat die bestehenden Probleme in Bereichen wie Ernährungssicherheit und Gesundheitsversorgung verschlimmert. Das Welternährungsprogramm warnte bereits mehrfach, dass Hilfsmaßnahmen für Millionen Menschen gestrichen werden mussten, weil wichtige Geberländer ihre Mittel gekürzt haben – aber eine angemessene Reaktion oder Kehrtwende blieb leider aus.
Wie erklären Sie sich das?
Einer der Hauptgründe liegt wohl in der Länge des Konflikts. Dieser dauert nun schon zehn Jahre an und es hat keine dramatischen Entwicklungen oder schnelle Veränderungen gegeben. Mit der Zeit hat die Aufmerksamkeit nachgelassen, da auch neuere Konflikte wie die Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen ein rasches Eingreifen erforderten und zusätzlich den Fokus vom Jemen ablenkten.
Auch fehlt dem Jemen eine strategische Relevanz, die das Engagement der großen Weltmächte anlockt. Konflikte, die sich auf wichtige geopolitische Interessen auswirken, wie Energiesicherheit oder regionale Bündnisse, finden in der Regel mehr Beachtung, so auch in den internationalen Medien. Der Jemen wird, obwohl er auf der Arabischen Halbinsel eine wichtige Rolle spielt, oft als lokaler Konflikt wahrgenommen.
Weniger Aufmerksamkeit, zögernde Geberländer – was heißt das konkret für ihre Arbeit und die Menschen vor Ort?
Die Spendenmüdigkeit erschwert es uns, neue Unterstützung für laufende humanitäre Projekte zu gewinnen. Für die Menschen heißt das konkret, dass sie keine oder weniger Hilfe bekommen – und das ist bei der derzeitigen Lage fatal. Millionen Jemenit:innen kämpfen derzeit ums Überleben.
Steigende Preise und unterbrochene Lieferketten zwingen Menschen dazu, Mahlzeiten zu reduzieren oder ganz auszulassen – oft hungern Eltern, damit ihre Kinder essen können. Gleichzeitig sind über 4,5 Millionen Menschen auf der Flucht, viele schon mehrfach. Sie finden kaum sichere Unterkünfte, viele leben unter prekären Bedingungen ohne Aussicht auf Besserung.
Welche Rolle spielt die Unterstützung von internationalen Organisationen wie LandsAid?
Die Unterstützung durch LandsAid bedeutet nicht nur uns als lokale Hilfsorganisation enorm viel. Jedes Lebensmittelpaket, jede Schulungsmaßnahme und jede Bildungsmöglichkeit macht einen spürbaren Unterschied und verwandelt die Verzweiflung, die ich bei so vielen Menschen hier spüre, in Widerstandskraft.
Wir ermöglichen es Familien, sich auf den Wiederaufbau ihres Lebens zu konzentrieren und fördert mit unserer Hilfe ein Gemeinschaftsgefühl. Auch wenn wir nicht alle Probleme lösen können, die Menschen werden daran erinnert, dass sie nicht alleine sind, dass sie nicht vergessen oder im Stich gelassen wurden. Das allein hat schon eine große Bedeutung.
Hintergrund zur Hilfe von LandsAid
Die Bündnisorganisation LandsAid engagiert sich seit 2017 im Jemen und unterstützt gemeinsam mit der lokalen Partnerorganisation Human Needs Development (HND) humanitäre Projekte, um die Not der Bevölkerung zu lindern.
Der Fokus liegt auf der Ernährungssicherung, insbesondere durch die Verteilung von Lebensmittelpaketen an Binnenvertriebene in stark betroffenen Regionen wie Hodeidah, Sanaa, Aden und Ibb. Neben akuter Nothilfe setzt LandsAid auf nachhaltige Projekte, darunter Bildungs- und Ausbildungsprogramme sowie auf ein langfristiges Vorhaben zur Stärkung der Resilienz ländlicher Haushalte.
+++ Spendenaufruf +++
Aktion Deutschland Hilft, Bündnis der Hilfsorganisationen,
nimmt Spenden für die Betroffenen im Jemen entgegen unter:
Stichwort: Hunger Jemen
IBAN DE62 3702 0500 0000 1020 30, BIC: BFSWDE33XXX
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