von Islamic Relief
Die humanitäre Hilfsorganisation Islamic Relief plant zusätzliche 10 Millionen US-Dollar für Lebensmittel-, Wasser- und Sanitärversorgung sowie Ernährungs- und Gesundheitsprogramme bereitzustellen. Ziel ist es, einen kleinen Teil der massiven Finanzierungslücke zu schließen, die durch das Versagen internationaler Geber im letzten Monat entstanden ist.
Denn das Ziel der Vereinten Nationen von 2,4 Milliarden US-Dollar wurde nicht erreicht: Nur die Hälfte des Betrages wurde zugesagt und drei Viertel der von den Vereinten Nationen unterstützten Programme werden als Folge in den kommenden Wochen gekürzt oder geschlossen.
Mehr als 80 Prozent der Jemeniter auf Lebensmittelhilfen angewiesen
Vor den Kürzungen arbeitete Islamic Relief im Jemen mit dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen zusammen, um jeden Monat Lebensmittelpakete an 2,3 Millionen Menschen zu liefern. Durch die Kürzungen wurde die Hilfe mit denselben Lebensmittelpaketen um 50 Prozent reduziert:
Jetzt müssen Familien zwei Monate mit der Nahrung auskommen, die zuvor für einen Monat angelegt war. Da mehr als 80 Prozent der Bevölkerung bereits vor den Kürzungen auf Hilfe zum Überleben angewiesen waren, fürchten Helfende vor Ort für die kommenden Monate viele Tote durch Hunger.
Das Defizit an Geldern entsteht zu einem Zeitpunkt, in dem die COVID-19-Pandemie laut UN dazu geführt hat, dass das Gesundheitssystem im Jemen "tatsächlich zusammenbricht" (Quelle: UNOCHA).
COVID-19: Hohe Sterblichkeitsrate im Jemen
Unter den mehr als 1.150 offiziell bestätigten COVID-19 Fällen sind mehr als 300 Todesfälle aufgetreten, was bedeutet, dass unter den Infizierten weniger als einer von vier Menschen Überlebenschancen hat.
Die Sterblichkeitsrate der Menschen im Jemen, die positiv auf COVID-19 getestet werden, ist mit 27 Prozent eine der höchsten der Welt.
"Die schlimmste humanitäre Krise der Welt spielt sich vor unseren Augen ab und verschlimmert sich. Was wir sehen, ist ein Teufelskreis aus Gewalt, extremer Armut und Hunger.
Steigende Lebensmittelpreise und Pandemie erschweren Nothilfe
Der Ausbruch der COVID-19-Pandemie hat die Situation nur noch verschlimmert. Unsere Teams wurden in Bezug auf Hilfsgüter und Treibstoff an ihre Grenzen gebracht", sagt Naser Haghamed, CEO von Islamic Relief Worldwide, der im vergangenen Jahr den Jemen besuchte.
Bildergalerie: Jemen – ein Land am Abgrund



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Die humanitäre Hilfe wird durch den Treibstoffmangel und die steigenden Lebensmittelpreise zusätzlich erschwert. Die Kraftstoff- und Lebensmittelpreise stiegen in den letzten drei Wochen um schätzungsweise 20 Prozent an und sind seit der Verschärfung der Coronakrise um insgesamt 35 Prozent gestiegen.
Zu den fehlenden Hilfsgeldern kommen fehlende private Hilfszahlungen hinzu. Nach Schätzungen sind die Überweisungen von Jemeniten aus dem Ausland durch die COVID-Krise um bis zu 10 Milliarden US-Dollar zurückgegangen.
Treibstoffkrise verschärft das Leid der Menschen
"Die Bürger im Jemen, der kleine Teil derjenigen, die es sich leisten können, müssen einen ganzen Tag anstehen, um maximal 30 Liter Kraftstoff zu überhöhten Preisen zu kaufen", berichtet ein Helfer vor Ort.
Die Situation lässt Millionen von Menschen, die bereits am Rande einer Hungersnot leben, mit noch weniger Zuwendungsmöglichkeiten zurück. Die Vereinten Nationen stehen jetzt vor der Herausforderung, Partner-Hilfsorganisationen wie Islamic Relief weiterhin mit Treibstoff für ihre Hilfseinsätze zu versorgen.
Kinder sterben vor Hunger – Helfende arbeiten am Limit

Helfende von Islamic Relief vor Ort berichten von der Verzweiflung der Menschen: "Erwachsene Männer und Frauen weinen, weil sie kein Essen haben, um ihre Familien zu ernähren. Einige sagen uns, dass sie über Selbstmord nachdenken, weil sie nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen, und der Schmerz, ihre Kinder langsam verhungern zu sehen, zu groß ist. Und niemand hat mehr Geld zu geben, um zu helfen."
"Viele Mütter sind so unterernährt, dass sie nicht genug Milch haben, um ihre Babys zu stillen. Sie sind verkümmert und können Krankheiten nicht abwehren.
Ohne dringende Maßnahmen wird der Jemen von Massenhunger heimgesucht. Wir befürchten, dass noch viel mehr unschuldige Menschen sterben werden", erzählt eine weitere Helferin vor Ort. Die Unterernährungsraten bei Frauen und Kindern im Jemen gehören nach wie vor zu den höchsten der Welt.
Wahl zwischen Schutzkleidung oder Nahrung
Die Teams im Jemen berichten, dass COVID-19 bereits überfüllte Lager mit Binnenvertriebenen und ländliche Gemeinden erreicht hat. "Da der Zugang zu angemessener Gesundheitsversorgung äußerst begrenzt ist und nur sehr wenige Isolationseinrichtungen in Betrieb sind, wissen wir nicht, wie viele Menschen wirklich durch das Virus betroffen sind", bedauert Zulqarnain Abbas, Landesdirektor von Islamic Relief im Jemen. Er berichtet:
"Unsere Helfer haben keine persönliche Schutzausrüstung und sagen, dass sie vor einer unmöglichen Wahl stehen – zu Hause zu bleiben und ihre Familie zu schützen oder zur Arbeit zu gehen, zu helfen und sich zu infizieren, weil es keine Schutzausrüstung und nur sehr wenige Tests gibt."
Zulqarnain Abbas erzählt auch, wie einige Helfende ihre bereits begrenzten Gehälter – die fast ausschließlich von NGOs wie Islamic Relief gezahlt werden – verwenden, um ihre eigene Schutzausrüstung zu kaufen. Dieses Gehalt reicht jedoch nicht aus, um ihre Familien zu ernähren.
"Die Hungerkrise betrifft jeden Haushalt und jede Familie"
"Die Hungerkrise betrifft wirklich jeden Haushalt und jede Familie und die Folgen werden für die kommenden Jahre spürbar sein", warnt Landesdirektor Abbas und ergänzt: "Wir tun alles, um trotz der Einschränkungen vor Ort weiterhin Hilfe zu leisten.
Seit 2015 wüten schwere Kämpfe im Jemen. Leidtragend ist vor allem die Zivilbevölkerung. Hunderttausende Menschen sind innerhalb des Landes auf der Flucht. Mehr als 23 Millionen Menschen benötigen dringend humanitäre Hilfe, darunter sind fast 13 Millionen Kinder. Insgesamt sind das zwei Drittel der Bevölkerung.
Schon vor Beginn des Bürgerkriegs war der Jemen ein armes Land. Ausbleibende Gehälter und steigende Preise für lebenswichtige Güter zwingen immer mehr Menschen in die absolute Armut. Als Folge der Corona-Pandemie und des Krieges in der Ukraine hat sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtert. Durch die starke Inflationsrate können sich viele Menschen keine Lebensmittel mehr leisten, mehr als die Hälfte der Bevölkerung braucht dringend Nahrungsmittel und finanzielle Hilfe.
Viele Tankstellen, Geschäfte, Schulen und Banken sind geschlossen, ein Großteil der Gesundheitseinrichtungen ist zerstört oder überfüllt. Nur jedes zweite Krankenhaus ist funktionsfähig.
Kriminalität und Unruhen nehmen zu. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu Ausbrüchen von Krankheiten wie Cholera. Sie ist hochansteckend und breitet sich rasend schnell aus. Vor allem für Kinder, ältere und geschwächte Menschen kann sie tödlich enden.
Die Not im Jemen ist groß. Die Vereinten Nationen sprechen von der größten humanitären Katastrophe der Welt.
- Mehr als 23 Millionen Menschen benötigen dringend humanitäre Hilfe, darunter sind fast 13 Millionen Kinder. Das sind zwei Drittel der Bevölkerung.
- Mehr als 17 Millionen Menschen haben nicht genug zu essen, darunter sind 6 Millionen akut unterernährt.
- Innerhalb des Landes sind 4,5 Millionen Menschen auf der Flucht, die Hälfte sind Frauen und Kinder. Sie leben häufig in informellen Camps, ihr Zugang zu Wasser, Nahrung und Gesundheitsversorgung ist stark eingeschränkt.
- Seit Beginn des Krieges 2015 wurden 40 Prozent aller Wohnungen beschädigt.
- 16 Prozent der Bevölkerung hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, nur etwa zehn Prozent haben regelmäßig Strom.
- 80 Prozent der Jemenit:innen leben unterhalb der Armutsgrenze, die Wirtschaft ist seit Kriegsbeginn 2015 um mehr als die Hälfte geschrumpft.
- Expert:innen schätzen, dass sechs Jahre Krieg das Land in seiner Entwicklung um 21 Jahre zurückgeworfen haben.
- Kriegsreste wie Landminen gefährden mehr als 5 Millionen Menschen.
- Viele Auswirkungen des Klimawandels sind im Jemen deutlich zu spüren. Es kommt häufig zu Dürren, extremen Überschwemmungen, Niederschlägen und Stürmen.
Quelle: UN OCHA, Humanitarian Response Plan (Stand: Dezember 2022)
Hilfsorganisationen unseres Bündnisses stehen den Menschen im Jemen seit vielen Jahren zur Seite.
- Wir verteilen Lebensmittel und sauberes Trinkwasser an bedürftige Familien
- Wir helfen unterernährten Kindern und stillenden Müttern
- Wir beliefern Krankenhäuser mit Medikamenten und verteilen Hilfsgüter wie Prothesen
- Wir verteilen Schutzkleidung, Handschuhe und Masken, damit sich auch Helfer:innen vor ansteckenden Krankheiten schützen können
- Wir versorgen Familien mit Hygienesets und verteilen Hygieneartikel an Frauen und Mädchen
- Wir unterstützen Binnenvertriebene, etwa mit warmer Kleidung für die Wintermonate
- Wir verbessern den Zugang zu Trinkwasser und installieren Brunnen und Abwassersysteme
- Wir ermöglichen Kindern den Schulbesuch und jungen Erwachsenen eine Berufsausbildung
- Wir unterstützen Frauen dabei, ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften
- Wir schulen Landwirt:innen in nachhaltigen Anbaumethoden und unterstützen mit Nutztieren
- Wir errichten Schutzhäuser für Frauen und klären über geschlechterspezifische Gewalt auf
- Wir leisten den Menschen psychosoziale Unterstützung
- Wir klären Kinder und Erwachsene über die Gefahr durch Landminen auf
- Wir achten darauf, dass die Hilfe bei besonders Schutzbedürftigen – Kinder, Frauen und ältere Menschen sowie Menschen mit Behinderung – ankommt
Helfen Sie uns, den Menschen im Jemen zu helfen – jetzt mit Ihrer Spende!
Jeden Tag überwinden wir Kontrollpunkte, administrative Verzögerungen und gewalttätige Ausbrüche, um sicherzustellen, dass die Hilfe immer noch die Bedürftigen erreicht."
"Wir sind dankbar für die Unterstützung unserer Geber und Spender, die es uns ermöglicht hat, unsere Unterstützung für das jemenitische Volk im Jahr 2020 fast zu verdoppeln.
Islamic Relief mit über 3.000 Helfern im Jemen aktiv
Jetzt ist es unerlässlich, dass die Staats- und Regierungschefs der Welt ihren Beitrag leisten und die Finanzierung des Jemen priorisieren und gleichzeitig alle beteiligten Seiten unter Druck setzen, eine dauerhafte und gerechte Lösung für den Krieg zu finden", fordert CEO Haghamed.
Mit 325 angestellten Helfern und über 3.000 Freiwilligen verfügt das Islamic Relief-Team im Jemen über einzigartiges lokales Wissen, das es den Helfenden ermöglicht, in 17 der 22 Regierungsbezirke des Landes zu operieren und sicherzustellen, dass die Mitarbeiter auch in dieser Krise an vorderster Front helfen.
Aktion Deutschland Hilft, Bündnis deutscher Hilfsorganisationen,
nimmt Spenden für die Betroffenen im Jemen entgegen unter:
Spenden-Stichwort: Hunger Jemen
IBAN DE62 3702 0500 0000 1020 30, BIC: BFSWDE33XXX
oder online spenden