von Aktion Deutschland Hilft/den Johannitern
"Wie ist es möglich, dass die Helferinnen und Helfer im Gazastreifen durchhalten?“ – Diese Frage stellt sich Sophia Buller von den Johannitern angesichts der katastrophalen Lage vort Ort. Denn: Alle Einsatzkräfte sind selbst vom Krieg betroffen.

Sophia Buller leitet das Büro der Johanniter, einer Bündnisorganisation von Aktion Deutschland Hilft, in Jordanien und ist im engen Kontakt mit ihren Kolleg:innen in Gaza. In diesem Interview berichtet sie über die aktuelle Situation und erklärt die neutrale Rolle von Hilfsorganisationen in Kriegsgebieten.
Nothilfe Nahost: 3 Fragen an Sophia Buller von den Johannitern
Aktion Deutschland Hilft: Wie ist die humanitäre Lage vor Ort?
Sophia Buller: Die Lage in Gaza ist eine humanitäre Katastrophe. Den Menschen fehlt es an allem: an Nahrung, Wasser, Treibstoff, medizinischen Geräten, Medikamenten. Es gibt keine Schutzmöglichkeiten vor den Angriffen. 12.000 Kinder sind unterernährt, 2.500 von ihnen akut. Selbst bei einer Behandlung führt das vor allem bei Kindern unter 5 Jahren zu schweren und unumkehrbaren Entwicklungsschäden.
"Dieser Hunger ist menschengemacht"
Wir brauchen therapeutische Nahrung, um diesen Kindern zu helfen. Auch davon gibt es deutlich zu wenig. Dabei stehen nur wenige Kilometer entfernt, vor der Grenze, tonnenweise Hilfsgüter, die die Menschen so dringend brauchen. Dieser Hunger ist menschengemacht.
Anfang des Jahres, während des Waffenstillstands, haben die Hilfsorganisationen versucht, ihre Vorräte so gut und schnell es ging aufzufüllen. Doch die sind schon lange aufgebraucht. Von März bis Juli ist kein einziger Lastwagen mit humanitären Gütern in den Gazastreifen gekommen. Wir arbeiten mit den wenigen Gütern, die über den Privatsektor reinkommen.
Was wir dringend brauchen: einen sofortigen und anhaltenden Waffenstillstand und uneingeschränkten Zugang für Hilfsorganisationen und-güter.
Die Helfer:innen sind oft selbst aus Gaza und genauso vom Krieg betroffen wie der Rest der Bevölkerung. Wie können die Einsatzkräfte trotzdem helfen?
Unsere Partner in Gaza – Juzoor und St. John – leisten primäre Gesundheitsversorgung unter prekärsten Bedingungen. Mehrmals wurden auch die Gesundheitseinrichtungen unserer Partnerorganisationen bombardiert. Seit Beginn des Krieges wurden 18 ihrer Mitarbeitenden getötet.
"Sie müssen immer wieder neue Orte finden, um zu helfen"
Bei der Hilfe geht es zum Beispiel um die Versorgung von Wunden, medizinische Begleitung von Geburten, Behandlung von Unterernährung und übertragbaren Krankheiten. Da fast alle Gebäude zerstört sind, geschieht das teils in Zelten. Und wegen der Angriffe müssen die Teams immer wieder neue Orte finden, um helfen zu können.
Oft frage ich mich, wie es möglich ist, dass die Teams weiter durchhalten. Die Bedingungen sind wirklich unvorstellbar. Aber sie arbeiten weiter, unter Einsatz ihres eigenen Lebens.
Hilfsorganisationen sind der Neutralität verpflichtet. Was bedeutet das konkret?
Humanitäre Hilfe ist ein neutrales Instrument. Da bedeutet, dass wir keine Seiten ergreifen. Und das ist so, damit wir gerade auch in so komplizierten Situationen wie in Gaza Hilfe leisten können. Humanitäre Helfer:innen sind neutral und leisten die Hilfe unabhängig von Herkunft, Politik und Weltanschauung.
Der uneingeschränkte Zugang zu Hilfe ist im Völkerrecht fest verankert, ihn zu beschränken, ist völkerrechtswidrig. De facto haben wir diesen uneingeschränkten Zugang aktuell nicht. Die humanitäre Hilfe wird unter dem Vorwand beschnitten, dass sie in falsche Hände gelangt. Ob und in welchem Maße das der Fall ist, kann man untersuchen. Erste Untersuchungen haben keinerlei Beweise für diese Behauptung gefunden.
"Millionen sind von humanitärer Hilfe abgeschnitten"
Was jetzt gerade geschieht: Millionen Menschen in Gaza sind von humanitärer Hilfe abgeschnitten; eine Viertelmillion befindet sich in der schlimmsten und letzten Stufe des Hungers. Das, was nötig ist, um diese Menschen zu retten, steht vor der Grenze und kommt nicht rein. Das darf nicht sein.
Die Johanniter sind Teil von Aktion Deutschland Hilft. Das Bündnis leistet Nothilfe gemäß dem humanitären Imperativ. Dieser besagt unter anderem: Jeder Mensch hat das Recht, humanitäre Hilfe zu erhalten. Ausschlaggebend ist alleine der Bedarf an Hilfe. Weitere Informationen.
+++ Spendenaufruf +++
Aktion Deutschland Hilft, Bündnis der Hilfsorganisationen,
bittet dringend um Spenden für die betroffenen Menschen in Nahost.
Stichwort: Nothilfe Nahost
IBAN DE62 3702 0500 0000 1020 30, BIC: BFSWDE33XXX
Jetzt online spenden!






