von Aktion Deutschland Hilft/action medeor
Von Buruli-Uklus, Elephantiasis und Bilharziose haben die wenigsten Menschen schon einmal gehört. Sie gehören zur Gruppe der sogenannten vernachlässigten Tropenkrankheiten. Sie bestimmen den Alltag von mehr als 1,7 Milliarden Menschen weltweit.
Welttag gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten
Am 30. Januar 2020 fand erstmals der jährliche Welttag gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten statt. in vielen Ländern nutzen Organisationen das Datum, um auf die seltenen Krankheiten, ihre Bekämpfung und globale Gesundheit aufmerksam zu machen. Wie wichtig internationale Zusammenarbeit in diesem Bereich ist, verdeutlicht die Verbreitung des Coronavirus.
Zahlen & Fakten: Vergessene Krankheiten
- Mehr als 1,7 Milliarden Menschen weltweit sind von vernachlässigten Tropenkrankheiten betroffen
- Neglected tropical diseases (NTDs) ist der Obergriff für diese Gruppe
- Fünf Krankheiten sind für 90 Prozent aller Fälle verantwortlich: Elephantiasis, Flussblindheit, Trachom, Bilharziose und der Befall mit Geohelminthen
- Die Krankheiten treten vor allem in Ländern des globalen Südens auf: in Afrika, Asien und Lateinamerika
- 35 Prozent der NTD-Fälle treten auf dem afrikanischen Kontinent auf. Eine medizinische Behandlung können sich viele Familien nicht leisten
Besonders gefährdet sind Menschen, die keinen Zugang zu sanitären Anlagen haben oder in Regionen mit einer mangelhaften medizinischen Infrastruktur leben. Dabei sind die Krankheiten, die etwa zu Blindheit oder Behinderungen führen können, oft leicht zu behandeln. In vielen stark betroffenen Ländern führen die Krankheiten in einen Kreislauf von Armut.
Diese 20 Krankheiten gelten als vernachlässigte Tropenkrankheiten:
Bilharziose wird auch Schneckenfieber genannt. Sie bricht aus, wenn Menschen in Kontakt mit Wasser kommen, das von bestimmten Schnecken verunreinigt wurde. Kinder infizieren sich besonders häufig, etwa beim Schwimmen oder Fischen. Weltweit müssen 229 Millionen Menschen wegen Bilharziose behandelt werden.
Buruli-Uklus ist eine chronische Krankheit, die hauptsächlich die Haut befällt. Sie wird durch eine bakterielle Infektion verursacht, doch die genaue Art der Übertragung auf den Menschen ist noch unbekannt. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um Folgen wie schweren Behinderungen entgegenzuwirken. Im Jahr 2018 wurden weltweit mehr als 2.700 Fälle gemeldet; 86 Prozent davon in Afrika.
Die Chagas-Krankheit wird durch Kontakt mit dem Kot infizierter Insekten, der blutsaugenden Raubwanzen, verursacht. Bei 30 bis 40 Prozent der Betroffenen entwickeln sich ernsthafte Komplikationen, darunter Herzerkrankungen, die zu Behinderungen führen oder tödlich sein können. Die Krankheit tritt vor allem in Lateinamerika auf; es gibt 6 bis 7 Millionen Infizierte.
Darmwürmer sind eine Gruppe von Parasiten, am häufigsten sind Spulwurm, Peitschenwurm und Hakenwurm. Sie gedeihen an warmen, feuchten Orten und bei schlechten sanitären Bedingungen. Unterernährung und Blutarmut können Folge einer Infektion sein. Vor allem Kinder in Südostasien und Afrika sind von einer Ansteckung bedroht.
Dengue und Chikungunya sind Virusinfektionen, die von weiblichen Stechmücken übertragen werden. Die Symptome des Dengue-Fiebers ähneln Grippe-Symptomen; die Krankheit kann bei schwerem Verlauf tödlich sein. Wie beim Chikungunya-Fieber gibt es keine Heilung, lediglich die Symptome können gemildert werden. 2019 wurden weltweit 4,2 Millionen Dengue-Fälle gemeldet. Zwischen 2004 und 2017 gab es circa 8 Millionen Chikungunya-Infektionen.
Die Krankheit Echinokokkose wird durch Bandwürmer verursacht. Menschen können sich etwa über Lebensmittel oder Wasser infizieren, die mit den Eiern des Parasiten kontaminiert sind. Auch der Kontakt zu Tieren, die Zwischenwirte des Erregers sind, kann zu einer Erkrankung führen. Die Inkubationszeit kann viele Jahre dauern. Weltweit sind mehr als eine Million Menschen betroffen.
Die Krankheit Elephantiasis wird durch Mücken übertragen und schädigt das menschliche Lymphsystem. Weltweit sind etwa 36 Millionen Menschen chronisch erkrankt. 16 Ländern ist es gelungen, Elephantiasis zu eliminieren, darunter Togo, Ägypten, Sri Lanka und der Jemen.
Flussblindheit wird durch Kriebelmücken übertragen, die in Bächen und Flüssen brüten. Die Krankheit, die beispielsweise zu Blindheit führen kann, hat große Auswirkungen auf das Leben der betroffenen Menschen. 99 Prozent der Infizierten leben in Subsahara-Afrika. Vier Ländern ist es seit 2012 gelungen, Flussblindheit zu eliminieren: Kolumbien, Ecuador, Mexiko und Guatemala.
Verursacher der Krankheit sind Bakterien der Gattung Treponema. Typisch für die Infektionskrankheit sind Hautveränderungen: Es bildet sich eine juckende, himbeerartige Wucherung, die schließlich eine dünne, gelbe Kruste bildet. Folge können außerdem geschwollene Lymphknoten, Knochen- und Gelenkschmerzen sein. Die Krankheit tritt in weltweit 15 Ländern auf; 2018 gab es ca. 80.000 Fälle.
Lähmungen, Atemprobleme, Blutungsstörungen: Wenn bestimmte Schlangenarten zur Abwehr Gift einsetzen, kann das schwere Folgen haben: Weltweit werden jährlich bis zu 2,7 Millionen Bisse gemeldet; bis zu 140.000 Menschen sterben an den Folgen. Kinder sind in der Regel schwerer betroffen als Erwachsene.
Die Guineawurm-Krankheit steht kurz vor der Ausrottung: 2019 wurden nur 54 Fälle aus vier afrikanischen Ländern gemeldet. Zum Vergleich: Im Jahr 1985 gab es weltweit 3,5 Millionen Fälle der parasitären Krankheit; im Jahr 2000 waren noch 130.000 Menschen erkrankt.
Krätze (auch Scabies) wird durch eine mikroskopisch kleine Milbe verursacht. Ihre Eier, die sie in der Haut ablegt, führen zu starkem Juckreiz und Ausschlag in den Fingerbeugen, an den Handgelenken, Gliedmaßen und im Gürtelbereich. In der Regel überträgt sich Krätze durch engen Hautkontakt. Weltweit gibt es etwa 200 Millionen Infizierte.
Leishmaniose kann durch Sandmücken auf Menschen und Tiere übertragen werden. Bei fortschreitender Krankheit werden unter anderem das Immunsystem, das Knochenmark und die inneren Organe angegriffen. Ohne Behandlung ist Leishmaniose innerhalb von zwei Jahren zu 100 Prozent tödlich. Zwischen 2015 und 2018 ging die Zahl der Fälle auf dem indischen Subkontinent um fast die Hälfte zurück.
Lepra ist eine chronische Infektionskrankheit. Sie kann, wird sie nicht diagnostiziert und behandelt, zu Läsionen auf der Haut, Nervenschäden und Blindheit führen. Vor allem Menschen, die in Armut leben, sind gefährdet. 80 Prozent der Erkrankten weltweit kommen aus Brasilien, Indien und Indonesien. 2018 gab es weltweit 208.619 neue Fälle.
Myzetom ist eine chronische Erkrankung, die durch bakterielle oder pilzliche Infektionen verursacht wird. In der Regel betrifft die Krankheit die Füße. Besonders gefährdet sind junge Männer, die in der Landwirtschaft beschäftigt sind.
Auslöser der Schlafkrankheit sind Stiche der infizierten Tsetsefliegen. Im ersten Stadium kommt es zu Fieber, Kopf- und Gelenkschmerzen. Im zweiten Stadium erkrankt das zentrale Nervensystem; es kommt zu Verhaltensänderungen, Verwirrtheit und Schlafstörungen. Ohne Behandlung ist die Krankheit beim Menschen fast immer tödlich.
Trachom (auch "Ägyptische Körnerkrankheit") wird durch eine bakterielle Infektion des Auges verursacht. Bleibt die Krankheit unbehandelt, kann sie zur Erblindung führen. 178 Millionen Menschen leben in Gebieten, in denen Trachom auftritt. Doch in zehn Ländern, darunter Nepal, Myanmar und Ghana, gab es seit 2012 keine Fälle mehr.
Lebensmittelbedingte Trematodiasen können durch den Verzehr von Fisch, Krustentieren oder Gemüse übertragen werden. Während leichte Infektionen häufig unbemerkt verlaufen, kann ein schwerer Krankheitsverlauf tödlich sein: Von weltweit jährlich 200.000 Fällen enden etwa 7.000 mit dem Tod.
Tollwut ist eine Infektionskrankheit, die durch Bisse oder Kratzer vom Tier auf den Menschen übertragen wird. Die Krankheit verläuft nach dem Auftreten von Symptomen wie Fieber fast immer tödlich. Es gibt zwei Formen von Tollwut: die wütende und die paralytische. Im Jahr 2019 starben weltweit etwa 59.000 Menschen an der Krankheit.
Taeniasis und Zystizerkose sind Infektionen im Darm, die durch Bandwürmer verursacht werden. Menschen können sich beim Verzehr von kontaminiertem Fleisch infizieren. Zu den Symptomen gehören Bauchschmerzen, Übelkeit, Durchfall oder Verstopfung. Diese Symptome können, je nach Behandlung bzw. Lebensdauer des Bandwurms, mehrere Jahre andauern.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Ziele formuliert, um die vernachlässigten Tropenkrankheiten bis 2030 besser kontrollieren, verhindern oder gar ausrotten zu können.
- Prävention: Mit sicheren und wirksamen Medikamenten werden ganze Dorfgemeinschaften versorgt, um Krankheiten vorzubeugen
- Erreger: Mit effektiven Methoden werden Moskitos und anderen Überträger bekämpft
- Lebensstandard: Ein verbesserter Zugang zu sicherem Wasser, sanitäre Einrichtungen und persönliche Hygiene schützen vor Ansteckung
- Veterinärmedizin: Stärkung der medizinischen Versorgung für Tiere, um Krankheiten vorzubeugen, die sich von Tieren auf Menschen übertragen
In den vergangenen Jahren gab es auch Fortschritte im Kampf gegen die vernachlässigten Tropenkrankheiten: Zum Beispiel ist es seit 2012 vier Ländern gelungen, Flussblindheit zu eliminieren: Kolumbien, Ecuador, Mexiko und Guatemala.
Die Guineawurm-Krankheit steht kurz vor der Ausrottung: 2019 wurden nur 54 Fälle aus vier afrikanischen Ländern gemeldet. Im Jahr 1985 gab es weltweit 3,5 Millionen Fälle der Krankheit; im Jahr 2000 waren es 130.000.
"Die Krankeiten sind lautlos"
"Die vernachlässigten Tropenkrankheiten sind lautlos, aber sie verursachen enormes persönliches Leid", sagt Sid Johann Peruvemba, Vorstandsmitglied von action medeor, einer Bündnisorganisation von Aktion Deutschland Hilft. Die Hilfsorganisation versorgt Menschen weltweit mit Arzneien und medizinischem Equipment.
action medeor ist auch im Kampf gegen die vernachlässigten Tropenkrankheiten im Einsatz und liefert beispielsweise Medikamente gegen die Augenkrankheit Trachom in gefährderte Regionen. "Eine Behandlung mit antibiotischer Augensalbe kann schon reichen, um Menschen vor dem Erblinden zu retten", sagt Peruvemba.
Viele Krankheiten seien präventiv behandelbar, indem man etwa Dörfer mit Medikamenten versorgt. Neben Impfkampagnen und Medikamenten sind die Verbesserung der Hygienesituation, der Wasser- und Sanitärversorgung wichtige Schritte, den Krankheiten entgegenzuwirken. "Es geht um die generelle Stärkung des Gesundheitssektors in den ärmeren Ländern des Südens", sagt Sid Peruvemba.
Quellen: Deutsches Netzwerk gegen Vernachlässigte Krankheiten; "World NTD Day" (Stand: Januar 2021)
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