Fast unbemerkt von der Weltöffentlichkeit wird der wieder entflammte Bürgerkrieg in Sri Lanka zwischen der Regierung in Colombo und den tamilischen Befreiungstigern (LTTE – Liberation Tamil Tigers Eelam) mit verbissener Härte geführt. In weniger als einem halben Jahr forderte der Konflikt mehr als 4.000 Todesopfer, in der Mehrzahl Frauen und Kinder, und ließ mehr als 300.000 Menschen zu Binnenflüchtlingen werden.
Für Aufsehen und Abscheu sorgte schon im August vergangenen Jahres die Ermordung von 17 Helfern der französischen Hilfsorganisation Action contre la Faim (ACF). Selten in der Geschichte der Humanitären Hilfe kam es zu derartigen Übergriffen. Trotz internationalen Drucks ist die Tat bis heute nicht aufgeklärt. Alle Indizien deuten jedoch darauf hin, dass dieses Verbrechen auf das Konto der Special Task Forces geht und damit Colombo verantwortlich ist. Fast täglich fliegt die Luftwaffe Angriffe gegen das von der LTTE beherrschte Gebiet im Nordosten des Landes. Hinzu kommt andauernder Beschuss mit schwerer Artillerie, die auch im Osten verstärkt gegen vermeintliche Tiger-Stellungen eingesetzt wird. Während die Armee unter dem Oberkommandierenden und Falken General Fonseka, der ein Attentat der LTTE nur knapp überlebte, auf militärische Stärke und auf Offensive setzt, beschränkt sich die LTTE derzeit auf eine Nadelstichtaktik. Im April gelang es der Guerillia, zweimal mit kleinen selbst zusammen geschraubten Propellermaschinen den internationalen Flughafen und eine Raffinerie in Colombo zu bombardieren. Der materielle Schaden war gering. Viele internationale Linien haben jedoch Flüge gestrichen. Außerdem gilt ab sofort ein Nachtflugverbot und der Flughafen ist geschlossen. Das trifft besonders die Tourismusindustrie des Inselstaates empfindlich.
Doch trotz galoppierender Inflation und einer Explosion der Lebenshaltungskosten soll die Mehrheit der singhalesischen Bevölkerung noch hinter Präsident Mahinda Rajapakse stehen. Zusehends autokratischer regiert der Präsident zusammen mit seinen Brüdern den Inselstaat und scheint von einer militärischen Lösung des Konfliktes überzeugt. Dass das internationale Ansehen des Landes dahin schmilzt, kümmert die politische Elite scheinbar wenig. So musste sich der Außenminister Rohitha Bogollama erst kürzlich bei einem Interview mit der BBC den Vorwurf gefallen lassen, dass sein Land mit Folter, Verschwindenlassen und extralegalen Hinrichtungen zusehends Pinochets Militärdiktatur in Chile ähnele.
Besonders die Situation in und um Batticaloa an der Ostküste Sri Lankas spiegelt die ganze Dramatik und das Elend des Konfliktes wider. Nachdem die Armee im Februar nach monatelangen Kämpfen das Gebiet von Vakarai nördlich erobern konnte, schwoll der Strom der Flüchtlinge auf 140.000 Menschen an. Zuvor waren 36.000 Menschen zwischen den Fronten eingeschlossen und dem Artilleriefeuer beider Seiten hilflos ausgeliefert. Die Regierung gewährte trotz wiederholter Forderungen und internationaler Appelle keinen Zugang zu den Hilfesuchenden. Allein in der Stadt Batticaloa drängen sich nun fast 69.000 Menschen in Tempeln, Schulen, Kirchen, öffentlichen Gebäuden und Lagern zusammen. Seit Monaten bemühen sich die internationalen Organisationen um die Versorgung der Menschen, aber die Zahl nimmt weiter zu. Es geht nicht nur um die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Wasser, sondern auch um Medikamente, Kochgeschirre, Decken, Kleidung, Hygieneartikel sowie eine erste medizinische Betreuung. Neben noch existierenden Tsunami-Lagern entstehen neue Übergangsquartiere für die Kriegsflüchtlinge. Erst kürzlich gab das World Food Programme bekannt, dass es eine ausreichende Nahrungsmittelversorgung nur noch bis Juni garantieren könne. Helfer berichten, dass in einigen Lagern bereits Hunger herrscht. Auch die Versorgungslage dürfte mit ein Grund dafür sein, dass die Armee nun wie angekündigt mit ihren Rücksiedlungsmaßnahmen begonnen hat. Laut Regierungsangaben konnten innerhalb der vergangenen Woche fast 10.000 Menschen in ihre Dörfer westlich von Batticaloa zurückkehren. Tatsächlich möchten die meisten nach monatelangem Ausharren in Zelten zurück, haben jedoch auch Angst vor Minen und Blindgängern.
Dass ihre Häuser zerstört und geplündert sind, nehmen sie wie selbstverständlich an. Dafür bekommen sie nun vom UNHCR ein Family-Kit, bestehend aus Plastikplane, Schlafmatten und einem Küchenset plus Plastikeimer. Während das UN Flüchtlingshilfswerk über eine ordnungsgemäße Rückführung berichtet, bleiben internationale Beobachter und Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen kritisch. Bereits im März waren Regierung und Armee für zwangsweise und unkoordinierte Rücksiedlung von Flüchtlingen nach Vakarai heftig kritisiert worden. Human Rights Watch meldete sogar Einschüchterungsversuche. Tatsächlich wurden die Hilfsorganisationen in keiner Form in die Vorbereitungen der Rücksiedelungen eingebunden. Auch das IKRK und UNHCR kritisieren, dass sie nicht im Vorhinein Zugang zu den Gebieten erhalten haben, um sich über Gefahren ausgehend von Minen und Munition oder die Sicherheitslage zu informieren. Laut Regierungsplan sollen alle Flüchtlinge im Distrikt Batticaloa bis Ende Juli zurückgekehrt sein. Kaum einer hält das für realistisch. Denn noch immer wird in den Gebieten westlich der Stadt gekämpft, und auch die Luftwaffe fliegt weiterhin Angriffe.
Doch besonders zu schaffen macht den Organisationen die Sicherheitslage, denn die so genannte Karuna-Fraktion terrorisiert Opfer und Helfer gleichermaßen. Diese mehrere tausend Mann starke Truppe, die sich von der LTTE abgespalten hat, ist maßgeblich mit für die militärischen Erfolge der Armee in dieser Gegend verantwortlich. Dafür reklamieren sie nun politische Macht und Einfluss. Ihr Anführer Colonel Karuna, der versucht, aus seiner Guerilliatruppe eine politische Partei zu machen, ist ein gefürchteter Kriegsherr, der für zahlreiche Kriegsverbrechen und Massaker verantwortlich sein soll. Bereits seit Jahren füllt er die Reihen seiner Kämpfer immer wieder mit Kindersoldaten auf. Human Rights Watch hat hierzu im Januar einen umfangreichen Bericht dokumentierter Fälle vorgelegt und die Regierung Sri Lankas zum Handeln aufgefordert. Tatsächlich passiert jedoch nichts, sondern im Osten des Landes breitet sich immer weiter ein Zustand der Anarchie aus. Übergriffe in den Flüchtlingslagern sind an der Tagesordnung. Jungen und junge Männer verschwinden, die einen als Kanonenfutter, die anderen auf nimmer Wiedersehen, wenn sie im Verdacht stehen, für die LTTE gekämpft zu haben. Hilfskräfte, besonders die lokalen, sind auch gefährdet, denn manchem Kämpfer gilt schon die Tätigkeit für eine internationale Organisation als Kollaboration mit einem unsichtbaren Feind.
Sri Lanka nach dem Tsunami und das Engagement von Aktion Deutschland Hilft
Sri Lanka gehört mit zu den vom Tsunami am schwersten betroffenen Ländern. Die Flutwelle forderte fast 40.000 Todesopfer, 900.000 Menschen wurden obdachlos, 120.000 Häuser zerstört. Von 1.500 Kilometern Küstenlinie sind zwei Drittel direkt betroffen. Städte wie Mullaitivu im Osten wurden vollkommen ausgelöscht, ganze Landstriche verwüstet. Es dauerte Monate, bis das zivile Leben wieder in Gang kam, denn die gesamte Infrastruktur wie Straßen, Stromleitungen, Wasserversorgung, aber auch Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser existierten nicht mehr.
Sri Lanka ist auch ein Schwerpunkt des Wiederaufbaus für Aktion Deutschland Hilft. Das Hilfsbündnis erhielt mehr als 125 Millionen Euro Spenden. Die Mitgliedsorganisationen werden über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mehr als 60 Millionen Euro in Projekte des Wiederaufbaus fließen lassen. Im Februar 2005 eröffnete Aktion Deutschland Hilft ein Verbindungsbüro in Colombo, um die Hilfe besser zu koordinieren.
Seit mehr als 20 Jahren tobt der Bürgerkrieg in Sri Lanka zwischen der Zentralregierung in Colombo und den tamilischen Befreiungstigern (LTTE – Liberation Tigers of Eelam). Bis heute hat der Konflikt mehr als 60.000 Menschenleben gekostet. Nur kurz währte die Hoffnung, dass die Tragödie des Tsunami auch eine nationale Einigung herbeiführen könnte. Das Schlagwort hieß: „Rebuilding the Nation“. Doch bereits im August 2005 wurde der damalige Außenminister Kadirgamar, der weltweit hohes Ansehen genoss und als potenzieller Nachfolger von Kofi Annan gehandelt wurde, ermordet. Tatsächlich konnten sich weder die Regierung noch die Konfliktparteien über die Verteilung der internationalen Hilfsgelder einigen. Dies wurde aber von der internationalen Gebergemeinschaft gefordert. Die Spirale der Gewalt begann sich zusehends schneller zu drehen.
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