Ute Hoffmann macht sich ein Bild von der Situation
Anfang Juni reiste Ute Hoffmann von action medeor zum zweiten Mal in den Süden der Türkei und besuchte dort verschiedene Flüchtlingslager, um sich ein Bild von der aktuellen Situation der Flüchtlinge aus Syrien und dem Nordirak zu machen. Insgesamt hat action medeor bereits 238 Tonnen an medizinischen Hilfsgütern nach Syrien sowie in den Nordirak und in die Flüchtlingslager in der Türkei geschickt.
Wie haben Sie die Situation der Menschen in den Flüchtlingslagern erlebt?
Die Zustände in den Flüchtlingslagern waren fürchterlich. Die Versorgung der Menschen mit Nahrungsmitteln und Trinkwasser ist vollkommen unzureichend. Und die Hitze dort ist fast nicht zu ertragen. Aber was noch viel schlimmer war, überall war eine hohe Frustration und Perspektivlosigkeit zu spüren. Die Menschen sind vollkommen auf die Hilfe anderer angewiesen und haben keine Möglichkeit, selbst über ihr Leben zu bestimmen. Sie fühlen sich in der Türkei nicht willkommen. Aber bei einer Rückkehr nach Syrien oder in den Irak würden sie sich in Lebensgefahr begeben.
Ich habe mit einigen Flüchtlingen gesprochen. Sie berichteten über fürchterliche Erlebnisse während der Flucht und sind traumatisiert.
Hat sich die Situation der Flüchtlinge im Vergleich zu Ihrem Besuch im Januar verbessert?
Die Entwicklungen in verschiedenen Flüchtlingslagern sind sehr verschieden. Die Zahl der Menschen im Lager in Suruc nimmt langsam ab, da die zumeist syrischen Flüchtlinge nach der Befreiung von Kobane, langsam in die Stadt zurückkehren. Die Menschen brauchen jetzt Unterstützung beim Wiederaufbau der Stadt. action medeor wird dort ein Krankenhaus mit Medikamenten und medizinischem Equipment ausstatten.
In Fidanlik hingegen steigt die Zahl der Flüchtlinge weiter an. Bei meinem letzten Besuch im Januar waren hier knapp 3.500 Flüchtlinge untergebracht, heute sind es bereits etwa 5.000 Menschen. In diesem Lager hat sich die Situation der Menschen dramatisch verschlechtert. Die Medikamente sind aufgebraucht, weshalb die Ärzte die Kranken nicht behandeln können. Daher werden wir umgehend eine große Medikamentensendung und außerdem medizinisches Equipment auf den Weg bringen.
Welches Erlebnis ist Ihnen von der Reise besonders in Erinnerung geblieben?
Es gab verschiedene Geschichten und Begegnungen, die mich noch lange begleiten werden. Ich traf eine junge Mutter mit ihrem Kleinkind in dem Flüchtlingslager in Fidanlik. Ihr Körper war mit Schnittwunden übersät. Es stellte sich heraus, dass sich die junge Frau die Wunden selbst zugefügt hatte, weil ihr Kind auf der Flucht zu verdursten drohte und sie es in der Not mit dem eigenen Blut versorgte. Zum Glück haben beide überlebt.
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