Der nahende Winter stellt eine besondere Herausforderung dar
Text: Mary Kate Mac Isaac von World Vision
Mit Bändern hat World Vision den Platz abgesperrt, auf dem die Verteilung stattfindet. Nun stehen die Menschen an, um Hilfsgüter in Empfang zu nehmen – ein Vertreter für jede Familie. Die World Vision Mitarbeiter notieren den Namen und gleichen ihn mit dem Personalausweis ab. Verteilt werden Hygiene-Kits, Kanister, Decken und Matratzen.
Eine ältere Frau steht neben der Absperrung und wartet geduldig, bis sie an der Reihe ist. Während die anderen noch anstehen, darf sie schon zum Registrierungstisch vorkommen. Asmar Asleh wurde 1927 im Distrikt Sinjar in der Nineva Provinz geboren. Als Teil der jezidischen Gemeinschaft hat sie dort ihr ganzes Leben verbracht, bis sie vor kurzem, aufgrund der gewaltsamen Ausschreitungen, ihre Heimat verlassen musste. Nachbarn hatten Asmar und ihrer 60-jährigen Tochter Khonaf geraten, so schnell wie möglich zu fliehen.
„Wir haben von anderen gehört, was gerade passiert. Eine angsteinflößende Situation. Sobald wir davon erfahren hatten, flohen wir“, berichtet Khonaf. Die Nachbarn hatten ein Auto und nahmen die beiden mit – damit retteten sie vermutlich ihr Leben. Denn denjenigen, die zu alt oder zu gebrechlich waren, die kein Auto oder Hilfe durch Familie oder Nachbarn erfuhren, blieb nichts anderes übrig, als in ihren Häusern zu verharren und dem Tod oder der Gefangennahme ins Auge zu sehen. Obwohl Asmar und Khonaf fliehen konnten, fürchten sie noch immer um ihr Leben.
„Ich habe keinen Vater, keinen Bruder, keine Schwester. Ich habe keine Söhne oder Enkelkinder. Ich habe nichts“, so Asmar. Letztes Jahr hat sie ihren Mann verloren. Ihr einziger Sohn wurde im Iran-Irak-Krieg getötet. Ihre Tochter Khonaf hat nie geheiratet.
Asmar und Khonaf haben in einer Schule in der Provinz Dahuk Zuflucht gefunden. In einer kleinen Ecke im Innenhof haben die Mutter und Tochter ihre wenigen Habseligkeiten aufgestapelt – das meiste davon gespendete Dinge. In einem Land, in dem 1,8 Millionen Menschen ihr Zuhause verlassen mussten und sich auf der Flucht befinden – 800.000 von ihnen allein in der irakischen Region Kurdistan – liegt eine unglaubliche Last auf den aufnehmenden Gemeinden. Trotzdem wird versucht, die Menschen mit dem Wichtigsten zu versorgen. Es gibt einen Wassertank, Frühstück wird verteilt und mindestens alle zwei Tage wird Brot ausgegeben. Nun naht der Winter und die Frauen wissen nicht, wie sie die kalten Nächte in der bergigen Region überstehen sollen. „Wir brauchen dringend Decken und eine Heizung“, so Asmar.
„Unsere größte Sorge derzeit ist, dass die Vertriebenen nicht ausreichend auf den Winter vorbereitet sind. Gerade diejenigen, die in Zelten leben, werden vom Wetterumschwung besonders hart betroffen sein“, erklärt Mike Weickert von World Vision. „Heute verteilen wir Decken und Matratzen – aber es muss noch viel mehr getan werden.“ Viele Flüchtlinge haben sich in Bergregionen wie Zakho in Sicherheit gebracht, wo die Winter nass und kalt werden und die Temperaturen oftmals auch unter den Gefrierpunkt fallen.
Unzählige Menschen, die wie Asmar ihr ganzes Leben nur in einem Dorf verbracht haben, hat der Konflikt überrumpelt. Natürlich war in der Vergangenheit auch nicht immer alles einfach – aber noch nie hat sich ihr Leben aufgrund einer Bedrohung von außen auf eine kleine Ecke in einem Innenhof beschränkt. „Mir fehlt mein Zuhause. Ich vermisse mein Leben dort. Es ist kein Vergleich zwischen damals und heute. Wir haben nichts hier“, sagt sie und unterstreicht ihre Aussage mit einer Handbewegung.
Für einen kurzen Moment ist sie still, dann bricht sie zusammen – als ob das Gewicht der Trauer etwas in ihr kaputt gemacht habe. Sie schnappt nach Luft. Zu viel hat sie verloren. Ihre Tochter Khonaf kniet neben ihr nieder und versucht sie zu trösten. Die Gruppe, die eben noch neben ihnen gestanden hatte, löst sich nun auf. Sie kehren zurück zu ihren Plätzen, laufen über den Schulhof, sehen nach ihren Kindern und fragen sich, was wohl der morgige Tag bringen wird.
World Vision hat Decken, Matratzen, Hygiene-Pakete und Kanister an Asmar, Khonaf und 127 weitere Familien verteilt, die in zwei Schulen in der Umgebung des Zakho Distriktes Zuflucht gesucht haben. Wenigstens etwas in dem Nichts.
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